Willi Stoph wurde am 9.7.1914 in Berlin-Schöneberg als Kind einer Arbeiterfamilie geboren. Er hatte einen Bruder, Kurt Stoph. Willi Stoph besuchte von 1920-28
die Volksschule in Berlin und absolvierte anschließend von 1928-31 eine Ausbildung zum Maurer. Während seiner Ausbildung war er im Kommunistischen
Jugendverband Deutschlands (KJVD; 1925 gegründet) in Berlin-Schöneberg aktiv und übernahm verschiedene Funktionen. 1931 trat er der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei.
Zwischen 1931 und 1934 war Stoph als Gelegenheitsarbeiter tätig, aber auch teilweise arbeitslos. In dieser Zeit war er Mitarbeiter des KPD-Nachrichtendienstes
und führte Quellen im Umkreis prominenter NSDAP-Mitglieder. 1935-37 und 1940-45 leistete er seinen Dienst bei der Wehrmacht und erlangte den Rang eines Unteroffiziers. 1942 wurde er verwundet.
1939/40 arbeitete Stoph als Bautechniker in einem Architekturbüro in Berlin. 1943 war er illegal politisch tätig und hatte Verbindungen zur Anton-Saefkow
-Gruppe. Von April bis Juli 1945 befand sich Stoph in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.
1945/46 war er in der KPD/SED tätig. Er war Leiter der KPD in Berlin-Baumschulenweg. 1945-47 leitete er die Abteilung Baustoffindustrie und Bauwirtschaft,
1947/48 die Hauptabteilung Grundstoffindustrie der Deutschen Zentralverwaltung der Industrie. 1948-50 leitete er die Abteilung Wirtschaftspolitik beim Parteivorstand der SED. Zwischen 1950 und 1989 war er Mitglied und 1950-53 schließlich Sekretär des Zentralkomitees. 1953-89 war er zudem Mitglied des
Politbüros der SED. Von 1950-89 war er Abgeordneter der Volkskammer, 1950-52 Vorsitzender ihres Wirtschaftsausschusses. 1952-55 übte er das Amt des
Ministers des Innern aus. 1954 wurde ihm der Vaterländische Verdienstorden verliehen. 1954-62 war er stellvertretender Vorsitzender des Ministerrates. Ab 1955 war Willi Stoph verantwortlich für die Kasernierte Volkspolizei (KVP), das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), das Amt für Technik, das Amt für Kernforschung und Kerntechnik und für den wissenschaftlichen Rat für die friedliche Anwendung der Atomenergie. Willi Stoph
war 1956-60 Minister für Nationale Verteidigung, einer der Stellvertreter des Oberkommandierenden der Vereinten Streitkräfte der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrags. 1956-59 war er General-Oberst und 1959 Armeegeneral. Stoph war Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates. 1958 erhielt er die Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus.
Von 1962-64 war er 1. stellvertretender Vorsitzender und schließlich 1964-73 Vorsitzender des Ministerrates. Stoph trat dabei die Nachfolge von Otto Grotewohl an.
1964 und ein weiteres Mal 1979 erhielt er die Auszeichnung “Held der Arbeit”.
1964 wurde er außerdem mit dem Banner der Arbeit geehrt. 1963/64 war er Mitglied, 1964-73 und wiederholt 1976-89 schließlich stellvertretender Vorsitzender und zwischen 1973-76 in der Nachfolge Walter Ulbrichts Vorsitzender des Staatsrates.
1965 erhielt er die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden. 1969, 1974, 1984 und 1989 wurde er mit dem Karl-Marx-Orden geehrt.
Von 1976-89 war Willi Stoph Vorsitzender des Ministerrates und löste Horst Sindermann in dieser Funktion ab. 1984 bekam er den Lenin-Orden verliehen und wurde zum “Helden der DDR” erklärt.
Im Jahr 1986 ließ er Michael Gorbatschow* einen vertraulichen Bericht über die Zustände in der DDR zukommen und schlug die Absetzung Erich Honeckers vor. Auf sein Schreiben erhielt er jedoch keine Antwort.
Willi Stoph trat am 7.11.1989 mit der Regierung zurück, wurde am 17.11. als Mitglied des Staatsrates abgerufen und schied aus der Volkskammer aus. Am 3.12.1989 wurde er vom Zentralkomitee der
SED aus der Partei ausgeschlossen. Wenige Tage später, am 8.12., wurde durch den Generalstaatsanwalt der DDR gegen ihn ein Ermittlungsverfahren angestrengt. Er wurde unter dem Verdacht, durch
Amtsmißbrauch und Korruption die Volkswirtschaft geschädigt und sich persönlich bereichert zu haben, festgenommen. Bereits im Februar 1990 wurde er jedoch aus gesundheitlichen Gründen aus der
Haft entlassen. Im Mai 1991 wurde er wiederum im Zusammenhang mit den Mauerschußprozessen verhaftet. Im August 1992 wurde wiederholt aus gesundheitlichen Gründen eine Haftverschonung
durchgesetzt. Das Verfahren, das im November 1992 eröffnet wurde, wurde im Juli 1993 endgültig eingestellt. Willi Stoph starb am 13.4. 1999 in Berlin.1
Fußnoten:
1Müller-Enbergs, Helmut/ Barth, Bernd-Rainer: “Stoph, Willi”, in: Müller-Enbergs, Helmut/ Wielgohs, Jan/ Hoffmann, Dieter (Hg.), Wer war wer in der DDR? Ein biographisches Lexikon, Bonn 2001, S. 829f.
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