1946 wurde eine Sport-Organisation “nach sowjetischem Vorbild”
aufgebaut. Das Kapital der zuvor aufgelösten Traditionsvereine wurde von den Volksbildungsämtern der Kreise und Gemeinden verwaltet. Sport war nur auf kommunaler Ebene gestattet.
1948 startete eine von SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland), FDJ, SED und FDGB vorbereitete Kampagne zur
Neuorganisation des Sports. Am 1.8.1948 wurde schließlich von FDJ und FDGB der Deutsche Sport-Ausschuß (DSA) gegründet. Vorsitzender war Waldemar Borde.
An die Stelle der kommunalen Sport-Gemeinschaften rückten die Betriebssportgemeinschaften
(BSG). Diese sollten der Partei direkt, statt bisher ausschließlich den Massenorganisationen FDJ und FDGB unterstehen.
Die Betriebssportgemeinschaften bildeten Sport-Vereinigungen (SV), die sich in 18 Industriebranchen gliederten, z.B. SV Aktivist (Bergbau), SV
Chemie (Chemische Industrie) oder SV Lokomotive (Reichsbahn).
Allerdings war das Interesse der Bevölkerung nur mäßig.
1950 wurde Waldemar Borde als Vorsitzender des DSA abgesetzt. Nachfolger waren Ernst Horn (bis 1951), Fred Müller und seit 1952 Rudi Reichert.
Unter Reichert wurde der DSA am 27./ 28.4.1957 in den Deutschen Turn- und Sportbund
(DTSB) umgewandelt. Der DTSB umfaßte 15 Regionalorganisationen (DTSB-Bezirke). Diese gliederten sich in 220 Kreisorganisationen, die sich allmählich auf über 240 erhöhten. Wegen ihrer besonderen Struktur und Bedeutung behielten der SV Vorwärts, Dynamo, Lokomotive und Wismut den gleichen Rang wie die Bezirksorgansationen. Ab 1978 galt dies nur noch für den SV Vorwärts und SV Dynamo.
Die Sport-Schützen und die Flug- und Tauchsportler gehörten nicht dem DTSB an. Sie unterstanden der Gesellschaft für Sport und Technik (GST).1
“Motorrad fahren und es beherrschen - wo lernt sich das besser als im Gelände”2
“Kraft und gute Kondition sollte man schon als GST-Seesportler haben, erst recht im militärischen Beruf”3
Ab 1961 übernahm Manfred Ewald das Amt des DTSB-Präsidenten. Unter seiner Leitung erlebte die Vereinigung einen enormen Mitglieder-Zuwachs (1961: 1
.534.105, 31.12.1983: 3.413.336). Das Spektrum des DTSB umfaßte Massen-Sport (siehe auch VI. Turn- und Sportfest 1977 in Leipzig), aber auch
Wettkampf- und Leistungssport. Dazu bedurftete es der Ausbildung von Übungsleitern, Schieds- und Kampfrichtern.
Der DTSB wurde von der Regierung gefördert. Im 3. “Gesetz über die Teilnahme der Jugend an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft
und über ihre allseitige Förderung in der Deutschen Demokratischen Republik” (Jugendgesetz der DDR) vom 28.1.1974 heißt es in Abschnitt VI § 34:
“Körperkultur und Sport gehören zum Leben der Jugend in der sozialistischen Gesellschaft. [...] Der sozialistische Staat gewährleistet Körperkultur und Sport
in allen Bereichen des Lebens der Jugend und fördert die Tätigkeit des Deutschen Turn- und Sportbundes als Initiator und Organisator des Sports.”
Der Sport hatte sowohl innenpolitische als auch außenpolitische Aufgaben zu erfüllen.
Zu den innenpolitischen Aufgaben gehörte die Erhöhung der Produktivität, die Gewährleistung von Wehrkraft und Gesundheit, die Heranführung der Jugend an
das Leistungsprinzip und die “Erziehung zu patriotisch-klassenbwußtem Denken und Handeln.”
Die “Vertiefung der Bündnispolitik” (u.a. durch die Friedensfahrt), die “Demonstration der Überlegenheit des sozialistischen Systems der DDR und bis Anfang
der 70er Jahre die Erlangung der internationalen staatlichen Anerkennung der DDR” waren außenpolitische Zielsetzungen des Sports.
Angesichts der Aufgaben des Sports ist die “Verflechtung des DTSB mit Staatsorganen, Kontrollinstanzen der SED und mit den Massenorgnisationen” zu
erklären. Zudem wurde den Leitern der Volkseigenen Betriebe und staatlicher Einrichtungen die Verantwortung für eine sportliche Betätigung der Arbeitnehmer
übertragen. Um der gestellten Aufgabe gerecht werden zu können, wurden Sport-Kommissionen ins Leben gerufen. Diese wurden nicht nur von DTSB
-Funktionären, sondern auch von Mitgliedern der Betriebsgewerkschaftsleitung und den Betriebsbereichen Produktion, Gesundheitswesen, Kader und Bildung geleitet.
Die Nationale Volksarmee und die Volkspolizei förderten den Leistungssport, indem sie Armeesportklubs (ASK) und Bezirksorganisationen und
Armeesportgemeinschaften (ASG) ins Leben riefen. Ende 1956 war die Gründungsphase abgeschlossen.
Für die Ausbildung von Leistungssportlern standen schließlich sogar Armee-eigene Sportinternate und Trainingszentren zur Verfügung. ASV-Vorsitzender
war seit 1980 der Stellvertreter des Minister für Nationale Verteidigung und Chef der politischen Hauptverwaltung der NVA, Generaloberst Heinz Keßler.
Am 27.5.1953 wurde die Sportvereinigung “Dynamo”
(u.a. Berliner Fußballclub “BFC Dynamo”) als Sportorganisation der Volkspolizei und des
Staatsicherheitsdienstes gegründet. Zum Training stand ein eigenes Sportforum in Hohenschönhausen zur Verfügung. Der Vorsitzende war Mitglied des
Politbüros der SED, Minister für Staatssicherheit und Armeegeneral Erich Mielke.
Die Finanzierung
des DTSB erfolgte zum einen durch Gelder aus dem Staatshaushalt (1983: 416,6 Mill. Mark), aus Fonds örtlicher Volksvertretungen, durch
Gelder aus Kultur- und Sozialfonds von Betrieben, durch Zuwendungen seitens der Massenorganisationen FDGB und FDJ und durch die NVA und das
Ministerium für Staatssicherheit. Zum anderen wurde der DTSB unterhalten durch die Mitgliedsbeiträge (1,30 Mark für Erwachsene, 0,80 Mark für Lehrlinge,
Studenten, Rentner und Hausfrauen, 0.20 Mark für Kinder und Jugendliche monatlich) sowie durch Spenden der Mitglieder (1983 insgesamt ca. 25 Mill. Mark).
Darüber hinaus wurden durch sogenannte “Subbotniks” (meint unbezahlte Arbeitseinsätze; aus dem Russischen: subbota = Sonnabend) u.a. im
Zusammenhang mit dem Wettbewerb “Schöner unsere Städte und Gemeinden - Mach mit!” die Sportanlagen gepflegt.4
Fußnoten:
1Sport, in: Digitale Bibliothek, Band 32: Enzyklopädie der DDR. Personen, Institutionen und Strukturen in Politik, Wirtschaft, Justiz, Wissenschaft und Kultur, Berlin 2000, S. 6050-6055.
2Abbildung und zugehöriger Text, in: Nationale Volksarmee, Militärische Berufe, Für Schüler und Eltern - eine Schrift zur Berufswahl, hrsg. v. Oberst Lothar Krasselt (Chefredakteur), Militärverlag
der DDR (VEB), Berlin [1984], S. 38. 3Abbildung und zugehöriger Text, in: ebd. 4Digitale Bibliothek, Band 32: Enzyklopädie der DDR. Personen, Institutionen und Strukturen in Politik, Wirtschaft, Justiz, Wissenschaft und Kultur, Berlin 2000, S. 6055-6064.
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