BEMÜHUNGEN DER DDR UM STAATLICHE SOUVERÄNITÄT
Die DDR bemühte sich um internationale Anerkennung. In Hinblick auf eine Anerkennung durch die BRD mußten Bedingungen für eine friedliche Koexistenz geschaffen werden. Ende 1970 wurden
diesbezüglich Gespräche zwischen DDR-Verteter Michael Kohl und dem Staatssekretär Egon Bahr vom Bundeskanzleramt geführt. Mit Ulbrichts Rücktritt und der Unterzeichnung des Viermächteabkommens (UdSSR, USA, GB, F) über Berlin im September des Jahres 1971 war die Voraussetzung für das im Dezember unterzeichnete Transitabkommen geschaffen. Im Mai des darauffolgenden Jahres wurde zudem ein Verkehrsvertrag unterzeichnet.
GRUNDLAGENVERTRAG
Im Juni begannen schließlich die Verhandlungen über einen "Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik”, die im Dezember mit der Unterzeichnung des Vertrages, dem sogenannten Grundlagenvertrag* endeten. In diesem Vertrag wurden u.a. “normale gutnachbarliche Beziehungen zueinander auf der Grundlage der Gleichberechtigung” vereinbart. Die
DDR sah darin die Anerkennung durch die BRD als souveränen Staat.
Im Grundlagenvertrag wurden allerdings nicht die Fragen bezüglich der Staatsangehörigkeit geregelt. Für die Bürger der BRD galt nach wie vor nur eine deutsche Staatsangehörigkeit. Dies
ermöglichte DDR-Bürgern, das Bürgerrecht der BRD zu beanspruchen, so daß sie bei Ausreise oder Flucht als Deutsche galten und nicht als Ausländer. Übrigens war der DDR bewußt, daß ihre staatliche Souveränität u.a.
von ihrer wirtschaftlichen Kraft abhing. Um diese aufrecht zu erhalten, bedurfte es wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Westen. Zwischen der BRD und der DDR bestanden also enge Kontakte. Aufgrund der teilweisen
Abhängigkeit der DDR konnte die BRD –in stark eingeschränkter Weise – Forderungen stellen. Diese zielten z.B. auf eine Lockerung des Grenzverkehrs.
UNO
Eine weitere Bestätigung als vollwertiges Mitglied der Staatenwelt sah die DDR in ihrer Aufnahme in die UNO. Am 18.9.1973 wurde sie als 133. Staat in die Weltorganisation
aufgenommen und wurde außerdem 1980 für 2 Jahre nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates. Bis 1978 gelang es der DDR, von 123 Regierungen in Ost und West anerkannt zu werden.
KSZE
Bestätigung ihrer Souveränität fand die DDR auch in der Teilnahme Erich Honeckers an der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa* (KSZE) im Sommer 1975. In der
Schlußakte
der Konferenz hieß es: “Die Teilnehmerstaaten werden gegenseitig ihre souveräne Gleichheit und Individualität sowie alle ihrer Souveränität innewohnenden und von ihr umschlossenen Rechte achten, einschließlich insbesondere des Rechtes eines jeden Staates auf rechtliche Gleichheit, auf territoriale Integrität sowie auf Freiheit und politische Unabhängigkeit.”
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Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki. Bei der Unterzeichnung der Schlußakte,
1. August 1975. V.l.n.r. Helmut Schmidt, Bundeskanzler der BRD; Erich Honecker, Erster Sekretär des ZK der SED; Gerald Ford, Präsident der USA; Bruno Kreisky, Bundeskanzler der Republik
Österreich
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Es bleibt anzumerken, daß sich die DDR durch Abschluß des Grundlagenvertrages, durch Aufnahme in die UNO und durch die KSZE als
souveränen Staat bestätigt sah. Dennoch ist die DDR eigentlich nur von den Ostblockstaaten als eigenständig angesehen worden. Die
BRD und andere westliche Staaten haben die DDR nicht wirklich als solchen betrachtet. Es gab und gibt zahlreiche Diskussionen
beispielsweise um die Bedeutung der Begriffe “Staatsangehöriger” bzw. “Staatsbürger” oder um den Begriff der “Nation”.
Beide deutsche Staaten haben immer wieder betont, daß sie ein geeintes Deutschland anstreben. Grundbedingung war jedoch für beide
Staaten die Übernahme ihres jeweiligen politischen Systems. Der zwischen der BRD und der DDR geschlossene Grundlagenvertrag kann
als diplomatisches Zugeständnis der BRD aufgefaßt werden. Dennoch: Eine einfache Antwort auf die Frage, ob die DDR von der BRD bzw. auf internationaler Ebene anerkannt wurde, gibt es nicht.
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