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Planwirtschaft - MANGELWIRTSCHAFT

Einkaufstüte: Oft bestand eine große Kluft zwischen dem Ideal und der von Mangel geprägten Wirtschaftslage.

Planwirtschaft* bedeutete, daß Herstellung und Stückzahl jedes Produktes in einem bestimmten Zeitraum festgelegt waren. Der Nachteil einer plangesteuerten Wirtschaft war die Unflexibilität. Auf wechselnde Kaufgewohnheiten der Bürger konnte sie nur unzureichend reagieren. Deshalb gab es immer wieder Engpässe selbst bei vielen Waren des täglichen Bedarfs.

1977 kam es beispielsweise zu “Hamsterkäufen” bei Lebensmitteln wie Zucker, Mehl oder Kakao-Produkten, aber auch bei Zigaretten. Die Bürger legten sich einen Vorrat an, denn in der 2. Hälfte der 1970er Jahre befürchtete man Preiserhöhungen aufgrund gestiegener Weltmarktpreise.
Auch Baumwollwaren wurden in großer Stückzahl eingekauft:
“Das Konsument-Warenhaus Dresden…erzielte am 15.9.77 im Sortiment Haushaltswäsche einen Warenumsatz von 31,0 TM gegenüber einem Plan von 11,0 TM…
Im Angebot befindet sich gegenwärtig noch ein Dessin Bettwäsche. Bettwäsche weiß ist ausverkauft. Bettlaken werden täglich durchschnittlich 400 Stück verkauft, bei einer geplanten Halbjahresmenge von 9000 Stück. Spitzenforderungen von einzelnen Kunden liegen bei 8 Bettwäschegarnituren und 30 Bettlaken.”1

Die Mangelwirtschaft erfasste auch die Automobilindustrie. Die DDR baute Autos, konnte jedoch mit der Produktion die Nachfrage nicht decken. Wer in der DDR ein neues Auto kaufen wollte, musste deshalb eine Anmeldung ausfüllen und viele Jahre auf sein Auto warten.

Das am meisten gefahrene Auto und heutiges Symbol der DDR ist der Trabant, auch “Trabi” genannt. Das etwas komfortablere und in seiner Bauart robustere Auto war der Wartburg. Er war teurer als der Trabi und wurde deshalb eher von finanziell besser gestellten Personen gekauft. Erschwinglicher waren sowjetische Autos wie z.B. der Moskwitsch, Saporoschez, Lada und Wolga oder polnische Fahrzeuge wie der Polski-Fiat. Allerdings waren für diese Modelle besonders schwierig Ersatzteile zu bekommen. Während man heute viele verschiedene Automodelle aus Deutschland, der EU oder sogar China erwerben kann, waren in der DDR Fahrzeuge vor allem aus dem kapitalistischen Ausland wie z.B. der VW Golf, der französische Citroën oder der schwedische Volvo  kaum auf den Straßen zu sehen.

Wer in der DDR wegen einer Autopanne sein Fahrzeug in die Werkstatt brachte, musste damit rechnen, seinen PKW erst nach mehreren Wochen abholen zu können. Während man heute problemlos Ersatzteile für sein deutsches Auto oder sogar Ersatzteile für ausgefallene Automodelle  in kurzer Zeit in der Werkstatt, im Ladengeschäft oder im Onlinehandel erwerben kann, war die Ersatzteilbeschaffung zu DDR-Zeiten mit viel Zeit und Geduld verbunden. Wenn ein Ersatzteil nicht vorrätig war, bekam man vom Mechaniker oft den Rat, sich dieses selbst zu beschaffen, damit der Mechaniker es einbauen konnte. Auto-Ersatzteile waren im Gegensatz zu heute oft nur durch Beziehungen oder im Tausch gegen andere Dinge zu beschaffen.

Devisenknappheit

In der DDR produzierte Waren wurden u.a. auch ins kapitalistische Ausland verkauft. Die dabei eingenommenen Devisen* (Fremdwährung) wurden u.a. für den Einkauf von Gütern benötigt, die in der DDR oder anderen sozialistischen Ländern nicht produziert bzw. erhältlich waren. Dazu zählte Kaffee. 1977 stiegen die Weltmarktpreise für Kaffee. Zahlte die DDR noch in den Jahren 1972-75 pro Jahr 150 Millionen Valutamark, lag der Preis für 53307 Tonnen Kaffee im Jahr 1976 über 667,2 Millionen Mark.

Damit war es der DDR unmöglich geworden, die Bevölkerung ausreichend mit Kaffee zu versorgen. Außenhandelsspezialist Alexander Schalck-Golodkowski empfahl, die Herstellung sämtlicher Kaffeeprodukte einzustellen. Lediglich die teuere Marke “Rondo” mit einem Kilopreis von 120 Mark, “Mona” und “Mokka-Fix Gold” sowie eine Billigmarke mit einem 50prozentigen Anteil an Surrogaten sollten weiter vertrieben werden. Die Billigsorte hatte allerdings ein schlechtes Aroma und beschädigte zudem zahlreiche Kaffeemaschinen. Schnell erhielt die Kaffeesorte deshalb den Beinamen “Erichs Krönung”, abgeleitet von der westdeutschen Kaffeemarke “Krönung” und mit Bezug auf Erich Honecker.

Im Jahr 1978 schließlich entspannte sich die Kaffeekrise.

Doch in der 2. Hälfte der 1970er Jahren war nicht nur die Einfuhr von Kaffee schwierig geworden. Auch Werkstoffe wie Holz, Baumwolle, Leder, Häute oder Spanplatten konnten nicht in ausreichendem Umfang importiert werden.2

Um den Devisenmangel zu beheben, wurden deshalb verstärkt einheimische Erzeugnisse wie Porzellan, Spiegelreflexkameras oder Waschmaschinen exportiert. Dadurch verschlechterte sich die Situation für die DDR-Bürger zusätzlich, da eben diese Produkte auf dem inländischen Markt nur noch schwer zu bekommen waren.

 

Großstadtorientierte Warenverteilung

Die Belieferung mit Waren konzentrierte sich auf repräsentative und bevölkerungsreiche Zentren. In Berlin war die Versorgungslage stets besser als in den übrigen Gebieten der DDR. Die Hauptstadt wurde besser beliefert, um gegenüber ausländischen Touristen den Schein einer florierenden Wirtschaft zu erwecken. Dies verleitete viele Bürger aus der Provinz zu der feindlichen Äußerung “Ihr habt ja alles!”

Nach Berlin wurden das nahe Umland, z.B. Potsdam und Frankfurt/ Oder sowie die übrigen Bezirkshauptstädte versorgt, allen voran die Messestadt Leipzig und die Grenzstädte Rostock, Schwerin, Magdeburg, Erfurt und Suhl.

Guter Rat, Verlag für die Frau, Leipzig-Berlin, 1/1977, S. 11.
In den Kleinstädten oder auf dem Dorf war die Belieferung mit Waren wesentlich schlechter, so daß viele Bürger zum Großeinkauf in die größeren Städte fuhren:

“Am Sonnabend stieg man ins Auto oder in die Eisenbahn, stellte sich in die Schlangen und kehrte schwer bepackt zurück. … Bekannte und Verwandte, die in der Hauptstadt oder in den Bezirksstädten arbeiteten oder studierten, erhielten den Auftrag, am Wochenende Papierwindeln, Honig, Waschmittel der Marke “Spee” und vieles andere mehr mitzubringen.”3

 

Der Einkauf war meist zeitraubend und stressig. Er war geprägt vom Durchsuchen mehrerer Geschäfte nach einem Produkt. Zahlreiche Nahrungsmittel, z.B. Brot, Butter oder Fleisch, waren meist ab 16 Uhr nicht mehr vorrätig, die Regale leer. Deshalb nutzte man jede freie Minute, selbst die Mittagspause, zum Einkaufen. Manchmal wurden Produkte angeboten, die im allgemeinen nicht erhältlich waren. Dann reihte man sich in die Schlange der Kunden ein und hoffte, nicht vergebens gewartet zu haben. Mangelware konnte zeitweise fast jedes Produkt sein, aber ganz besonders selten waren z.B. Jeanshosen, Elektrogeräte oder Südfrüchte wie Bananen oder Apfelsinen.

Die einzige Möglichkeit, gezielt und ohne langes Suchen z.B. ein gutes Stück Fleisch einzukaufen, bestand darin, sich die Verkäuferin gewogen zu machen und sich etwas zurücklegen zu lassen. Nur so konnte man die Mahlzeiten voraus planen und dem Besuch am Wochenende ein gutes Essen servieren.

Fußnoten:

1Wolle, Stefan, Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971-1989, Bonn 1998, S. 199f.
2ebd.
3ebd., S. 201.