Da sämtliche Parteien der SED unterstanden, war es für den Ausgang der Wahl ohne Bedeutung, ob man seine Stimme der SED, LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands), NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands), CDU oder DBD (Demokratische Bauernpartei Deutschlands) gab.
“Die Wahlen haben in der DDR eine andere Funktion als in demokratischen Staaten. Sie haben nicht die Aufgabe, eine Entscheidung
des Volkes darüber herbeizuführen, welche der verschiedenen, miteinander konkurrierenden politischen Kräfte für begrenzte Zeit die Regierungsmacht ausüben sollen. Diese Entscheidung gilt nach der
marxistisch-leninistischen Partei- und Staatslehre als ein für allemal getroffen. Die politische Macht liegt bei der SED als der Partei der Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten Klassen und Schichten. Folglich
geht es bei den Wahlen in der DDR nicht um politische Alternativen. Anders als in einigen anderen kommunistischen Ländern geht es auch nicht um personelle Alternativen im Rahmen eines einheitlichen politischen
Programms. Die Funktion der Wahl besteht in der plebiszitären Bestätigung der Inhaber der politischen Macht, der Demonstration der ideologisch-politischen Einheit des Volkes und der Mobilisierung der Volksmassen für
die jeweils aktuellen politischen Zielsetzungen der SED-Führung.”1
Die Wahlbeteiligung lag zu DDR-Zeiten bei nahezu 100 Prozent. Das Fernbleiben von der Wahl konnte das Mißtrauen der
Nachbarn hervorrufen und das gesellschaftliche Ansehen schädigen. Teilweise kamen sogar “Wahlhelfer” zu Besuch, die einen zur Erfüllung der Bürgerpflicht anhielten und zum Wahllokal begleiteten. In
den Wahllokalen standen Wahlkabinen. Sie wurden nicht genutzt, weil jeder wußte, daß die “Wahl” lediglich das bestehende System bestätigen sollte. Außerdem galt das
Betreten der Kabinen trotz des verfassungsmäßigen Anspruchs auf “geheimes” Wahlrecht als verdächtig und konnte Konsequenzen (siehe “Repressalien”) nach sich ziehen. Wer unauffällig bleiben wollte, machte deshalb sein Kreuzchen vor den Augen der anderen.
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