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Kirche
Parteibericht
Religionsauffassung
Bluesmessen
Darstellungen

HINWEIS: Der nachfolgende Text1 ist dem Bericht des Parteivorstandes der SED anläßlich des II. Parteitages 1946 entnommen und ist kritisch zu lesen. Die Hervorhebung von Wörtern in gesperrter Schreibweise entspricht dem Original.

INHALTSANGABE: Die Religionsausübung soll Privatsache sein. Diesbezüglich beruft man sich auf den Gothaer Einigungsparteitag von 1875 und das 1891 erstellte Erfurter Progamm. Ein Gegensatz zwischen christlichem Glauben und dem Aufbau des Sozialismus sein nicht vorhanden, wenngleich dies von der CDU behauptet werden würde.
Der Kirche wird vorgeworfen, an den Sorgen und Nöten der Arbeiter kein Interesse zu haben. Das Bestreben sozialistischer Theologen hinsichtlich einer Mitwirkung beim Aufbau des Sozialismus wird anerkannt.
Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat soll auf Toleranz und Nichteinmischung beruhen, wobei die Erteilung des Religionsunterrichtes unterstützt werden soll.

“Kirchen und Religionsfragen

In der von uns eingerichteten Kommission für Kirchen- und Religionsfragen wurde das Verhältnis der Partei zu Kirche und Christentum überprüft. Der Kirche und den Religionsgemeinschaften gegenüber steht die Partei nach wie vor auf dem Boden der Toleranz und Nichteinmischung. Es handelt sich hierbei um keine taktische  Haltung, sondern um einen selbstverständlichen Grundsatz der sozialistischen Bewegung, an dem diese in jahrzehntelanger Entwicklung unbeirrt festgehalten hat. Der Satz “Religion ist Privatsache” stand bereits in dem vom Gothaer Einigungsparteitag 1875 beschlossenen Parteiprogramm und wurde 1891 in das Erfurter Programm der Sozialdemokratischen Partei übernommen.

Wenn das Verhältnis der sozialistischen Arbeiterschaft zur Kirche in der Vergangenheit kein sehr freundschaftliches war, so lag das an der Kirche und ihren Würdenträgern selbst, die keinerlei Verständnis für die Nöte und Forderungen der sozialistischen Arbeiterschaft aufbrachten, ja ihr im Gegenteil ablehnend, zum Teil sogar feindselig gegenüberstanden. Wenn die Kirche den Grundsatz der Toleranz, den sie für sich in Anspruch nimmt und der ihr bereitwilligst gewährt wird, auch für die sozialistische Bewegung immer aufgebracht hätte, so wäre das Verhältnis der beiden Organisationen zueinander kaum je ernsthaft getrübt gewesen.

Dem Versuch der CDU freilich, Kirche und Christentum in den politischen Kampf hineinzuziehen, oder gar Christentum und Marxismus als einen Gegensatz hinzustellen, muß die SED entschieden entgegentreten. In einem Aufruf des Z e n t r a l s e k r e t a-
 r i a t s vom August 1946 wurde unter der Überschrift “Eine notwendige Klarstellung! SED und Christentum” die Auffassung der CDU zurückgewiesen. In diesem Aufruf heißt es u.a.:

“Es gibt keine solchen Gegensätze, die eine jetzt offenbar herbeigewünschte Kampfstellung Christentum o d e r Marxismus rechtfertigen könnten. Die SED ist vielmehr der Auffassung, daß weltanschauliche Unterschiede keinen Anlaß geben, die verschiedenen Richtungen der aufbauenden Kräfte gegeneinader auszuspielen.”

“Der Glaube ist eine persönliche Angelegenheit des einzelnen Menschen! Zu diesem Grundsatz steht auch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Mit ihrer programmatischen Forderung nach Gesinnungs- und Gewissensfreiheit ist sie auch gegenüber der religiösen Überzeugung bis zur letzten Konsequenz tolerant. Der christliche Glaube und die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft sind kein Hinderungsgrund für das Bekenntnis zum Sozialismus und für die Mitgliedschaft in der marxistischen Partei.”

Auch in den von der SED aufgestellten “Grundrechten des deutschen Volkes” wird gefordert: “Volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsausübung wird durch die Verfassung gewährleistet und steht unter staatlichem Schutz.”

Ebenso werden in dem von der SED herausgegebenen Entwurf einer “Verfassung für die deutsche demokratische Republik” sowohl der Grundsatz der Toleranz wie auch der Schutz des Religionsbekenntnisses wie auch die Rechte der Kirche in großzügiger Weise anerkannt. Der Verfassungsentwurf ist allen Religionsgemeinschaften zur Stellungnahme zugegangen, damit sie von ihrem Standpunkt aus sich dazu äußern und Anregungen geben können.

In einem Rundschreiben an die Landesvorstände wurde darauf hingewiesen, daß seitens der Partei die Mitarbeit der Kirche am demokratischen Aufbau begrüßt wird. Die Landesvorstände werden außerdem veranlaßt, der Kirche bei ihrer Tätigkeit im aufbauenden Sinne jede nur mögliche Hilfe zu gewähren und dafür einzutreten, daß die berechtigten Forderungen auf Rückgabe von beschlagnahmtem Kircheneigentum erfüllt, sowie die Kirchen bei der Anschaffung von Gegenständen, die für den Gottesdienst unentbehrlich sind, unterstützt werden, ferner ist den Kirchen in bezug auf die Überlassung von Schul- und geeigneten Räumen für die Erteilung des Religionsunterrichts entgegenzukommen.

Auf einer Konferenz sozialistischer T h e o l o g e n, die vom Pfarrer Rackwitz einberufen wurde, nahmen wir durch Vertreter teil. Ebenso fanden die Bestrebungen der religiösen Sozialisten, in der Kirche dahingehend zu wirken, daß die Kirche am demokratischen Aufbau mitwirken möge, unsere Billigung.

Anfang März 1947 wurde ein besonderes Referat für Kirche, Christentum und Religion eingerichtet mit der Aufgabe, die Entwicklung auf diesem Gebiet aufmerksam zu verfolgen, einschlägige Fragen zu bearbeiten, etwaige Mißverständisse zu beheben und dazu beizutragen, daß ein befriedigendes Verhältnis zwischen Partei und Kirche geschaffen wird.”

 

Fußnoten:

1Bericht des Parteivorstandes der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands an den 2. Parteitag, Dietz-Verlag Berlin, 1947, S. 206f.